Antrag an den RWA am 3.12.2025: Stadtratsantrag zum Umgang mit antifaschistischem Protest

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

Die LINKE LISTE stellt folgenden Antrag:

  1. Sitzblockaden bei antifaschistischem Protest werden nicht aufgelöst.
  2. Die Stadt Nürnberg übernimmt zukünftig die Leitung von Versammlungsgeschehen vor Ort. Dazu werden deeskalierende Strategien entwickelt.
  3. Eine deeskalierende Strategie beinhaltet den Verzicht auf eine Reiterstaffel.
  4. Die Stadt Nürnberg untersagt bei künftigen Demonstrationen des „Team Menschenrechte“ das Tragen von Security-Jacken durch Ordner. Sie weist das Polizeipräsidium Mittelfranken an, diese Beschränkung der Versammlung notfalls mit angemessenen Mitteln des Polizei-/Verwaltungszwangs zu vollstrecken.

 

Begründung

I. Zur politischen Ausgangslage

Seit vielen Wochen sind die rechtsextremen Demonstrationen von „Team Menschenrechte“ und der Umgang mit dem antifaschistischen Gegenprotest Gegenstand der öffentlichen Debatte. Die Aufmärsche fungieren als Sammelbecken der extremen Rechten in der Region bspw. durch regelmäßige Beteiligung von Funktionären der Partei „Die Heimat“ (Ehemals NPD) und einem Kern von Neo-Nazis, die auch im Rahmen der Proteste straffällig geworden sind und teilweise bereits verurteilt wurden (siehe NN-Artikel vom 24.09.2025). Eine glaubhafte Distanzierung der Organisatoren zur extremen Rechten findet nicht statt.

1. Kriminalisierung der Gegenproteste und Polizeigewalt

Erfreulicherweise gibt es bei jedem Aufmarsch einen Gegenprotest. Dieser trifft jedoch immerm häufiger auf Kriminalisierung und Polizeigewalt. Am 27.09.2025 eskalierte die Polizeigewalt dermaßen, dass es mehrere Verletzte gab und vier Demonstrant*innen mussten im Krankenhaus behandelt werden. Die Recherche der NN (Artikel vom 11.10.2025) belegt die Verletzungen: Prellungen, ein angebrochener Oberkiefer, abgebrochene Zähne, ein offener Bruch einer Hand etc. waren das Ergebnis.

Die Recherche beschreibt auch, wie die Verletzungen zustande kamen. Ein Mann hielt sich an einem Verkehrsschild fest, der Polizist schlug beim ersten Mal daneben und beim zweiten Mal traf er mit dem Schlagstock so sehr die Hand, dass diese als offener Bruch operiert werden musste.

Eine weitere Demonstrantin landete unter einem Pferd und wurde schwer verletzt, da eine Polizistin in die Menschenmenge geritten ist. Dies belegt, dass die Reiterstaffel der Polizei nicht nur nicht zur Deeskalation beiträgt, sondern alle Demonstrierenden und Passant*innen enorm gefährdet.

Vor allem, bei dynamischen Situationen in den engen Gassen der Innenstadt kann nicht ausgeschlossen werden, dass Passant*innen oder Demonstrierende auf die Wegstrecke der Pferde gedrängt werden. Weitere ernstzunehmende Argumente gegen Reiterstaffeln der Polizei sind ethische Gründe. Fluchttiere gegen ihren natürlichen Instinkt in gefährliche Situationen in Menschenmengen zu zwingen, ist durchaus als Tierquälerei zu werten. Auch die hohen Kosten sind völlig unverhältnismäßig zum Versammlungsgeschehen. Die Stellungnahme der Polizei, die in ihrem Bericht die Anzahl und die Schwere der Verletzungen verschwieg, beantwortet die Frage der NN mit „es liegen keine Anzeigen und beweisbaren Hinweise vor.“ Diese Aussage ist für eine Aufarbeitung unzureichend. Die angewandte Gewalt ist unverhältnismäßig und inakzeptabel.

2. Mutmaßliche „Sonderbehandlung“ für das „Team Menschenrechte“

Des Weiteren mussten wir feststellen, dass Rechtsverstöße von „Team Menschenrechte“ hingegen nicht ernsthaft geahndet werden. Zum Beispiel trug ein Ordner des „Team Menschenrechte“ auf der Demonstration am 27.09.2025 eine Security-Jacke. Dies stellt einen Verstoß gegen Art. 4 Abs. 2 Satz 2 Hs. 2 BayVersG und damit eine Verletzung der öffentlichen Sicherheit dar. Obwohl das Verhalten von zahlreichen Einsatzkräften desm Unterstützungskommandos der Bayerischen Polizei beobachtet wurde, schritt die Polizei nicht dagegen ein, indem zum Beispiel durch eine Beschränkung nach Art. 15 Abs. 4 Alt 1 i.V.m. Abs. 1 Alt. 1 BayVersG die Person als Ordner zurückgewiesen oder zumindest das Ablegen der verbotenen Kennzeichnung angeordnet und notfalls vollstreckt worden wäre. Dass die Polizei offensichtliche Rechtsverstöße des „Team Menschenrechte“ ohne jede Reaktion unter ihren Augen geschehen lässt, während sie gegen die Gegenproteste ungerechtfertigte und unverhältnismäßige Gewalt anwendet, schmälert das Vertrauen in die Neutralität ihres Einsatzes noch weiter. II. Zur Rechtsauffassung der Verwaltung

Als Grund für ein derartiges Vorgehen der Polizei werden Sitzblockaden der Gegenproteste vorgeschoben. Bei der RWA-Sitzung am 01.10.2025 wurde deutlich, dass die Verwaltung der
Auffassung sei, dass das Errichten einer Sitzblockade eine Ausübung von Gewalt darstelle. „Blockaden, die nach Aufforderung nicht beendet werden, müssen deshalb von der Polizei abgewehrt bzw. aufgelöst werden, ggf. auch durch Anwendung von unmittelbarem Zwang“ (Zitat Verwaltungsvorlage 01.10.2025).

1. Fehlerhafter Gewaltbegriff

Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand: Die Verwaltung folgt hier offenbar dem vergeistigten Gewaltbegriff aus der Laepple-Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGHSt 23, 46, amtl. Ls. 5 = Urteil vom 8. August 1969, 2 StR 171/69). Es ist jedoch seit mehr als 30 Jahren durch die Sitzblockaden-II-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts geklärt, dass dieser vergeistigte Gewaltbegriff mit Art. 103 Abs. 2 GG unvereinbar ist (BVerfGE 92, 1, amtl. Ls. = Beschluss vom 10. Januar 1995, 1 BvR 718, 719, 722, 723/89).

Der Bundesgerichtshof hat daraufhin stattdessen die sogenannte Zweite-Reihe Rechtsprechung entwickelt (BGHSt 41, 182 = Urteil vom 20. Juli 1995, 1 StR 126/95), die zurecht bis heute umstritten geblieben ist und im liberalen und demokratischen Ausland auf größte Verwunderung stößt (Lengauer, Siegmar: Sitzen ist keine Gewalt: Eine österreichische Perspektive auf passive Proteste und den Nötigungstatbestand, VerfBlog, 2024/4/02, https://verfassungsblog.de/sitzen-ist-keine-gewalt/, DOI: 10.59704/58378d78ca472ca3). Ungeachtet dieser berechtigten Kritik liegt allerdings selbst nach der Zweite-ReiheRechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei den Gegenprotesten gegen „Team Menschenrechte“ keine Gewalt vor.

Dazu wäre nämlich erforderlich, dass in der ersten Reihe ein Kraftfahrzeug durch die Sitzblockade aufgestoppt wird, das sich sodann als unüberwindbares physisches Hindernis für den Fahrer eines nachfolgenden Kraftfahrzeuges in der zweiten Reihe darstellen müsste (BGHSt 41, 182 [184f], ebenso BVerfG, Kammerbeschluss vom 7. März 2011, 1 BvR 388/05, Rn. 29). Noch weitergehend ist sogar erforderlich, dass mindestens noch eine dritte Reihe nachfolgt, welche den Fahrer in der zweiten Reihe am Umkehren hindert (BGHSt 41, 182 [184]: „nicht zu beseitigende physische Hindernisse […] in Form vor und hinter ihnen auf der Fahrbahn angehaltener Fahrzeuge“). Nur in dieser Situation würde – jedenfalls nach Auffassung des Bundesgerichtshofs – Gewalt ausgeübt und zwar auch nur gegen den Fahrer in der zweiten Reihe, der aufgrund unüberwindbarer physischer Hindernisse von allen Seiten weder vor noch zurückkann.

All das ist aber bei den Gegenprotesten gegen „Team Menschenrechte“ nicht der Fall. „Team Menschenrechte“ ist selbst die erste Reihe vor der Sitzblockade, nicht die zweite Reihe; es gibt auch keine Fahrzeuge, die ein unüberwindbares, physisches Hindernis bereiten könnten. Es ist gerade Aufgabe sowohl der Stadt Nürnberg als auch der Polizei durch geeignete Absperrungen und verkehrslenkende Maßnahmen dafür zu sorgen, dass im Versammlungsbereich keine sonstigen Verkehrsteilnehmer mit Kraftfahrzeugen unterwegs sind, um die Versammlungen sowohl von „Team Menschenrechte“ als auch der Gegenproteste vor den damit verbundenen Unfallgefahren zu schützen. Schließlich wird „Team Menschenrechte“ auch nicht von allen Seiten blockiert, sodass die Möglichkeit besteht, dass „Team Menschenrechte“ umkehrt und einen anderen Weg an der jeweiligen Sitzblockade vorbei wählt. Insoweit ist es Aufgabe der Stadt Nürnberg und der Polizei, die Versammlung von „Team Menschenrechte“ entsprechend umzuleiten.

2. Fehlende Interessenabwägung

Selbst wenn in einem Einzelfall doch einmal eine Zweite-Reihe-Konstellation entstünde, machte dies die entsprechende Sitzblockade des Gegenprotests zudem noch lange nicht rechtswidrig. Selbst dann müsste die Anwendung der Gewalt zu dem damit angestrebten Zweck auch noch als verwerflich anzusehen sein (§ 240 Abs. 2 StGB). Dies erforderte eine Abwägung aller relevanten Umstände im Einzelfall, wobei besonders zu berücksichtigen wäre, dass die Sitzblockaden der Gegenproteste selbst den Schutz der Versammlungsfreiheit aus Art. 8 GG genießen (BVerfGE 104, 92 [109-112]). Insoweit ist daran zu erinnern, dass das Bundesverfassungsgericht in seinem Brokdorf-Beschluss entschieden hat, dass allein eine Verletzung der versammlungsrechtlichen Anmeldepflicht einer Versammlung nicht ihren Schutz aus Art. 8 GG entzieht und für sich genommen auch weder eine Auflösung noch ein
Verbot der nicht angemeldeten Versammlung rechtfertigt (BVerfGE 69, 315, amtl. Ls. 2, näher S. 351 = Beschluss vom 14. Mai 1985, 1 BvR 233, 341/81).

3. Praktische Konkordanz statt einseitigem Schutz für „Team Menschenrechte“:

Der Verweis der Verwaltung auf das Verbot sonstiger, erheblicher Störungen aus Art. 8 Abs. 2 Nr. 1 BayVersG führt ebenfalls nicht zur Rechtswidrigkeit oder gar Strafbarkeit der
Sitzblockaden.

Zum einen müsste eine solche sonstige Störung aus systematischen Gründen in ihrer Intensität mit der ersten Tatbestandsalternative der Vornahme von Gewalttätigkeiten vergleichbar sein, was bei einer gewaltfreien Sitzblockade nicht der Fall ist. Das gilt erst recht in Anbetracht dessen, dass der Begriff der Gewalttätigkeiten im Rahmen des versammlungsrechtlichen Störungsverbotes nicht etwa identisch mit dem Gewaltbegriff des Nötigungstatbestandes (§ 240 StGB) ist, sondern stattdessen mit dem engeren Begriff der Gewalttätigkeiten in § 125 StGB, also nochmals höhere Anforderungen stellt.

Zum anderen handelt es sich beim Begriff der erheblichen sonstigen Störung um einen unbestimmten Rechtsbegriff, bei dessen Ausfüllung die Wertungen der Rechtsordnung und insbesondere der Verfassungsordnung mit ihrem Grundrechtskatalog zu berücksichtigen sind. Auch insoweit ist daher wieder zu berücksichtigen, dass es sich bei Sitzblockaden der Gegenproteste ihrerseits um Versammlungen handelt, die – gleich ob angemeldet oder nicht – von Artikel 8 GG geschützt sind. Die Versammlungsfreiheit von „Team Menschenrechte“ ist
daher mit der Versammlungsfreiheit der Gegenproteste in praktische Konkordanz zu bringen, das heißt, die widerstreitenden Grundrechte sind so gegeneinander auszugleichen, dass alle
so weit wie möglich zur Geltung kommen und in jedes von ihnen so wenig wie möglich, eingegriffen wird. Dabei kann sich nicht nur „Team Menschenrechte“, sondern auch der Gegenprotest darauf berufen, dass die Versammlungsfreiheit auch das Recht umfasst, grundsätzlich frei über den Ort der Versammlung zu bestimmen. Der Grundsatz praktischer Konkordanz verbietet auch die Anwendung eines Prioritätsprinzips („Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.“), wonach die Versammlung das Anrecht auf den von ihr bestimmten Ort hätte, die
zuerst angemeldet wurde. (Vgl. zum Ganzen auch: Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages, WD 3 – 3000 – 322/10.) Einschränkungen der Versammlungsfreiheit sind zwar grundsätzlich möglich, bedürfen aber eine Rechtfertigung und müssen dabei dem besagten Grundsatz praktischer Konkordanz folgen. Würde man die friedlichen Sitzblockaden der Gegenproteste als verbotene und sogar strafbare sonstige Störung auffassen, um „Team Menschenrechte“ die Durchführung ihrer Versammlung unbehelligt von diesen Gegenprotesten zu ermöglichen, würden die widerstreitenden Grundrechtspositionen gerade nicht gegeneinander ausgeglichen, sodass jede von ihnen so weit als möglich zur Geltung kommt und so wenig wie möglich eingeschränkt wird, sondern es würde eine Grundrechtsposition einseitig und maximal eingeschränkt, um auf ihre Kosten der anderen wiederum einseitig und maximal zur Geltung zu verhelfen. Eine solche Rechtsauffassung ist daher aus verfassungsrechtlichen Gründen unvertretbar.

Mehr noch: Sie pervertiert das Grundrecht der Versammlungsfreiheit in sein direktes Gegenteil. Die Versammlungsfreiheit ist Ausdruck der Volkssouveränität und demgemäß demokratisches Bürgerrecht zur aktiven Teilnahme am politischen Prozess (BVerfGE 69, 315 [343] mwN), ebenso wie die Meinungsfreiheit unentbehrliches und grundlegendes Funktionselement eines demokratischen Gemeinwesens und für eine freiheitliche demokratische Staatsordnung konstituierend (aaO, S. 344). Das Grundrecht besteht zu dem Zweck, den gesellschaftlichen Diskurs über politische Fragen zu schützen. Nicht dazu, dass der Staat mit seinen Gewaltmitteln einzelnen Positionen innerhalb des Diskurses eine gesellschaftliche Wirkmacht verleiht, die sie aus sich selbst heraus niemals hätten. Genau darum handelt es sich aber, wenn die Stadt Nürnberg und die Polizei dieser Position einen Raum frei von der Gegenrede schafft, obwohl diese Gegenrede aus dem gesellschaftlichen Diskurs sehr wohl (und sogar lautstark und zahlreich) artikuliert wird. Es gibt kein Grundrecht – auch nicht für rechtsextreme Aktivisten – vor Kritik (der eigenen menschenverachtenden Positionen) geschützt zu werden.

III. Zur Verantwortung der Stadt Nürnberg

Mit derartigen Suggestionen versucht die Verwaltung die unverhältnismäßige und durch nichts gerechtfertigte Gewalt der Polizei gegen die Gegendemonstranten zu rechtfertigen. Genauso
wie sie den verfassungsgerichtlich unhaltbaren vergeistigten Gewaltbegriff der Laepple Entscheidung zu reaktivieren sucht, um friedliche Sitzblockaden in Gewalt umzudeuten. Sie  verbreitet Narrative die ein Zerrbild von der Wirklichkeit erzeugen, um sich selbst und die Polizei gegen demokratische Kritik zu immunisieren. Das sind Methoden wie wir sie sonst in rechts-autokratisch regierten Staaten, wie Ungarn oder den USA erleben. Für die selbsternannte „Stadt der Menschenrechte“ aber ist dies zutiefst beschämend. Es wäre stattdessen die Verantwortung der Stadt, Gewaltexzesse der Polizei wie am 27.09.2025 zu verhindern und tatsächlich die Versammlungsfreiheit aller Versammlungen, auch der Gegenproteste zu schützen und zwar auch vor staatlichen Übergriffen. Als zuständige Versammlungsbehörde ist das nicht nur politische, sondern auch juristische Verantwortung der Stadt. Das geltende Recht gibt der Stadt dazu alle erforderlichen Mittel an die Hand.

Die Verwaltung vertritt die Ansicht, die Durchführung und Absicherung der Versammlungen obliege der Polizei. Das ist so nicht richtig. Bei Versammlungen wird das allgemeine Polizeirecht durch das Versammlungsrecht verdrängt. Das heißt, neben dem Bayerischen Versammlungsgesetz kann das Polizeiaufgabengesetz grundsätzlich nicht angewandt werden (sogenannte Polizeifestigkeit des Versammlungsrechts). Alle Maßnahmen der Polizei auf einer Versammlung sind daher rechtlich gesehene, eigentlich versammlungsrechtliche, Maßnahmen. Ausgenommen sind lediglich polizeiliche Maßnahmen, die repressiv der Verfolgung von Straftaten dienen (nicht ihrer präventiven Verhütung vor der oder Unterbindung während der Begehung). Für den Vollzug des Versammlungsrechts ist nach Art. 24 Abs. 2 Satz 1 BayVersG i.V.m. Art. 9 Abs. 1 Satz 1 GO, Art. 3 Abs. 1 Nr. 4 BayVwVfG zunächst einmal die Stadt Nürnberg und nicht die Polizei zuständig. Dies gilt nicht nur im Vorfeld einer Versammlung, sondern auch noch nach deren Beginn. Ab Beginn der Versammlung kann die Polizei lediglich „auch“, das heißt neben der Stadt Nürnberg, Maßnahmen treffen, Art. 24 Abs. 2 Satz 1 BayVersG. Schon der Wortlaut macht deutlich, dass die originäre Zuständigkeit auch nach Versammlungsbeginn bei der Stadt Nürnberg verbleibt.

Im Übrigen handelt es sich hier um eine zwingende Vorgabe des Verfassungsrechts. Die originäre Zuständigkeit steht der Stadt Nürnberg nämlich sowohl vor als auch während der Versammlung aufgrund ihres kommunalen Selbstverwaltungsrechts aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG Artt. 11 Abs. 2, 83 Abs. 1 BV verfassungsrechtlich zu. Ausdrücklich gehört nach Artikel 83 Abs. 1 BV die „örtliche Polizei“ zum verfassungsrechtlich geschützten, eigenen Wirkungskreis der Gemeinden. „Polizei“ ist hierbei nicht institutionell, sondern funktionell zu versehen und meint die Gefahrenabwehr im Ganzen. Dazu gehört auch die Abwehr von Gefahren, die von oder für Versammlungen ausgehen, also das Versammlungsrecht. „Örtliche“ Polizei meint die Abwehr von Gefahren, die auf das Gebiet der Gemeinde beschränkt sind. Das ist bei Versammlungen aber beinahe immer der Fall. Der Fall, dass eine Versammlung über das Gebiet einer Gemeinde hinausgeht, ist schließlich äußerst selten.

LINKE LISTE Nürnberg

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