Antrag: Ungerechtigkeit im Kommunalen Wahlrecht beseitigen

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

seit Mitte der Neunziger Jahre können Bürgerinnen und Bürger der EU bei uns das Kommunale Wahlrecht nutzen und so auf die Gestaltung ihrer unmittelbaren Lebenswelt durch die Politik Einfluss nehmen. Dies gilt unabhängig von der Aufenthaltsdauer der EU-Bürger*in in Deutschland. So kann die Situation entstehen, dass ein französischer Staatsbürger, der nur wenige Monate in Deutschland verbringt, ehe er in sein Heimatland zurückkehrt, wahlberechtigt ist, wohingegen eine hier seit vielen Jahren fest verwurzelte kanadische Staatsangehörige vom Mitbestimmungsrecht ausgeschlossen bleibt. Viele EU-Staaten haben dieser Ungerechtigkeit Abhilfe geschaffen und können für die Bundesrepublik als Vorbilder dienen. Die Möglichkeit zur politischen Teilhabe, verliehen durch das Recht, politische Vertreter*innen wählen zu können, darf nicht allein an die Staatsangehörigkeit gekoppelt sein, sondern muss davon abhängig gemacht werden, wo eine Person dauerhaft ihren Lebensmittelpunkt besitzt.

Sich für ein erweitertes Kommunales Wahlrecht einzusetzen, folgt keinem parteitaktischen Kalkül mit Blick auf die Erfolgsaussichten bei zukünftigen Wahlen. Vielmehr ist es ist ein Beitrag zur Stärkung unseres demokratischen Gemeinwesens. Es stellt eine Wertschätzung gegenüber Mitbürgerinnen und Mitbürgern dar, die seit vielen Jahren Teil des Lebens unserer Kommunen sind und zu dessen Gelingen beitragen. Insbesondere in großstädtischen Kommunen wie Nürnberg, in der der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund bei 50,1 % (2023) und der Anteil ausländischer Staatsangehöriger bei 26,9 % (2023; darunter stammen über 50 % nicht aus EU-Mitgliedsstaaten) liegt, ist ein erweitertes Kommunales Wahlrecht ein Gebot der Fairness. Dieses erweitere Wahlrecht hat in anderen EU-Ländern weder größere Konflikte heraufbeschworen noch Wahlergebnisse massiv verändert. Unstrittig ist hingegen, dass es Integration fördert, die Binnenkräfte der Kommune stärkt, die Bildung von Gruppenidentitäten hemmt und für Drittstaatenangehörige einen Anreiz liefert, in einem nächsten Schritt die Einbürgerung anzustreben.

Wir stellen deshalb zur Behandlung im Stadtrat folgenden Antrag:

  • Der Stadtrat fordert die Bayerische Staatsregierung in einer Resolution auf, mittels einer Bundesratsinitiative darauf hinzuwirken, dass das Kommunale Wahlrecht endlich auch für Drittstaatenangehörige eingeführt wird.

 

Mit freundlichen Grüßen

Jan Gehrke (ÖDP-Stadtratsgruppe)

Inga Hager (ÖDP-Stadtratsgruppe)

Ümit Sormaz (FDP)

Marion Padua (Linke Liste)

Alexandra Thiele (Die Guten)

 

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